Regionsversammlung am 23.05.2023: Sinja Münzberg: Rede zur Medizinstrategie 2030

  • Veröffentlicht am: 24. Mai 2023 - 8:15

 

23.05.2023

Sinja Münzberg: Rede zur Medizinstrategie 2030

 

Rede TOP 05: Klinikum Region Hannover GmbH / Medizinstrategie 2030

 

– Es gilt das gesprochene Wort –

 

Sehr geehrte Frau Vorsitzende,

sehr geehrter Herr Regionspräsident,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

 

wir werden heute eine neue Medizinstrategie für das Klinikum Region Hannover beschließen. Mit einer knappen Mehrheit hier in der Versammlung, aber mit einem einstimmigen Votum von Fachleuten, Berater*innen, Wissenschaftler*innen und vor allem: von den Beschäftigten.

 

Ja, ich hätte mir für diese Medizinstrategie heute eine breite Mehrheit gewünscht. Und ehrlich gesagt hätte ich insbesondere von der Gruppe CDU/FDP auch so viel Rationalität und Verantwortungsbewusstsein erwartet. Aber Sie ziehen es vor, es sich bei diesem Thema ziemlich einfach zu machen. Sie reisen seit Monaten durch die Region und erzählen überall, wie falsch das ist, was rot-grün hier plant. Das ist ihr gutes Recht als Opposition. Aber das Mindeste, was ihre Wähler*innen von Ihnen erwarten dürfen, ist ja wohl, dass sie eigene Lösungsvorschläge machen. Bis heute habe ich dazu nicht eine einzige Idee von Ihnen gehört. Und dann rühmen Sie sich auch noch damit, dass Sie die Einzigen sind, die das einhalten, was in ihrem Wahlprogramm steht. Aber ich frage Sie: was ist das eigentlich wert, wenn man nicht mitkriegt, dass sich die Welt in der Zwischenzeit weitergedreht hat?

 

Wir haben so viele Expert*innen angehört: aus der Pflegewissenschaft, aus der Gesundheitsökonomie, aus der Versorgungsforschung, aus dem Rettungsdienst. Alle haben die Medizinstrategie für gut befunden. Wir sind mehrfach von verschiedensten Führungskräften aus dem KRH aufgefordert worden, diese Strategie bitte endlich zu beschließen. Erst letzte Woche haben sie mit ihrem Brief an die Regionsversammlung deutlich gemacht, dass sie alle hinter der Medizinstrategie stehen. Die Vertreter*innen der Beschäftigten im Aufsichtsrat haben der Medizinstrategie bereits geschlossen zugestimmt.

Und dann kommen Sie und sagen, das sei alles nicht ausgereift. Ihnen fehlen aber nicht weitere Erkenntnisse, Daten oder Sicherheiten. Was Ihnen fehlt, ist das Rückgrat, auch mal eine vermeintlich unpopuläre Entscheidung zu treffen, die einem übergeordneten Interesse dient.

 

Denn genau das ist es doch, worum es hier heute geht. Es geht um nichts weniger als die Frage, ob wir auch in Zukunft eine gute medizinische Versorgung aus kommunaler Hand in der Region Hannover anbieten wollen. Bisher waren wir uns in dieser Frage parteiübergreifend sehr einig. Aber nach allem, was ich von der Gruppe CDU/FDP bisher gehört habe, frage ich Sie, ob Sie diesen politischen Konsens heute aufkündigen wollen. Wollen Sie das KRH lieber in der Hand von Asklepios oder Helios sehen?

 

Wir wollen das ausdrücklich nicht. Und deswegen stellen wir uns heute der Verantwortung einen der größten kommunalen Klinikkonzerne Deutschlands fit für die Zukunft zu machen. Und dabei geht es um weitaus mehr als um einzelne Standorte. Die Medizinstrategie ist – und das haben hier offenbar noch nicht alle verstanden - in erster Linie eine Qualitätsoffensive: sowohl für die Versorgung der Menschen in der Region, als auch für die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im KRH. Und beides ist dringend notwendig.

 

Das KRH wird künftig alle drei Versorgungsstufen Grund- und Regelversorgung, Schwerpunktversorgung und Maximalversorgung in seiner Standortstruktur abbilden. Spezielle Leistungen wie Herzinfarktversorgung und Tumorbehandlung werden dabei an den Standorten mit Schwerpunkt- oder Maximalversorgung gebündelt. Ziel ist es, dass die Menschen in der Region Hannover stets die bestmögliche Behandlung erhalten. Man sollte meinen, dass das selbstverständlich ist. Die bisherige Standortstruktur ermöglichst das aber nicht immer - und allein das ist schon Grund genug, nicht am Status quo festzuhalten.

 

Gleichzeitig wird das KRH in die sektorenübergreifende Versorgung einsteigen und ambulante und stationäre Leistungen besser miteinander verzahnen. Davon wird insbesondere die Notfallversorgung profitieren. Denn auch die ist bekanntermaßen bisher nicht besonders patient*innenorientiert – Stichwort Wartezeiten in Notaufnahmen.

 

Was bringt das alles für die Beschäftigten? Sie erhoffen sich davon eine deutliche Entlastung im Arbeitsalltag und bessere Personalschlüssel. Egal ob man derzeit mit Ärzt*innen, Pflegekräften oder Reinigungspersonal spricht: sie alle fühlen sich stark belastet. Insbesondere in der Pflege kann das KRH häufig nicht mal die gesetzlich vorgesehenen Personaluntergrenzen einhalten. Von bedarfsgerechten Personalschlüsseln ganz zu schweigen. Mehrfach haben wir gehört, dass an allen Standorten jeden Morgen mit dem wenigen vorhandenen Personal geradezu jongliert werden muss, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. Das kann kein Dauerzustand und da dürfen Beschäftigte in einem kommunalen Unternehmen zu Recht mehr erwarten.

 

Die vorliegende Medizinstrategie ist aus meiner Sicht eine sehr ausgewogene Kombination aus Konzentration und Spezialisierung auf der einen und Wohnortnähe auf der anderen Seite. Gleichzeitig schaffen wir mit unserem Änderungsantrag Sicherheit und Perspektive für die Standorte Laatzen und Lehrte. Und weil insbesondere in Bezug auf diese beiden Standorte häufig das Wort sterben verwendet wird, möchte ich zum Abschluss noch einmal deutlich machen: es wird kein Standortsterben auf Raten geben und es werden auch keine Menschen sterben, wenn es in Lehrte kein Krankenhaus mehr gibt. Für das KRH aber ist diese Medizinstrategie überlebenswichtig.

 

Letzter Punkt: Im Ausschuss letzte Woche ist gesagt worden: Die Region Hannover ist nicht irgendwer. Was wir hier tun wird Beachtung finden. Wir haben heute die Chance, Vorreiterin bei der medizinischen Versorgung zu werden. Wir werden dafür auch weiterhin viel erklären, Und wir werden liefern müssen. Wir sind bereit, uns jetzt an die Umsetzung zu machen.

 

Drucksachen

Antrag: Klinikum Region Hannover GmbH / Medizinstrategie 2030 - 1740 (V) BDs

 

Änderungsantrag der Fraktionen SPD und Bündnis 90 /DIE GRÜNEN - 1885 (V) ÄAn