Rede: Silke Stokar zum Regionshaushalt 2011

  • Veröffentlicht am: 15. Februar 2011 - 15:44

In der Regionsversammlung am 15. Februar 2011 ist der Haushalt 2011 mit den Stimmen von Grünen und SPD beschlossen worden.

Regionshaushalt 2011

2011-02-15

Silke Stokar

Es gilt das gesprochene Wort

Herr Vorsitzender, Herr Präsident, meine Damen und Herren,

zehn Jahre Region Hannover sind eine rot-grüne Erfolgsgeschichte. In einer bundesweit einmaligen Verwaltungsreform ist es gelungen, aus alten Stadt-Landkreisstrukturen eine Region mit 21 Kommunen zu bilden.

Wir haben aus 13 Klinikstandorten das Klinikum der Region Hannover geschaffen. 300.000 Patientinnen und Patienten werden hier jährlich versorgt. Im Gegensatz zu vielen anderen meist schwarz-gelb regierten Regionen sind wir nicht den Weg der Privatisierung gegangen. Wir haben 8.500 attraktive Arbeitsplätze im Gesundheitswesen erhalten und wir bieten hier jungen Menschen vielfältige Ausbildungsmöglichkeiten. In einer gemeinsamen Anstrengung von Politik, Verwaltung und Beschäftigten ist es gelungen, dass das Klinikum der Region Hannover schwarze Zahlen schreibt.

Aus drei Abfallwirtschaftsbetrieben ist mit "aha" ein kundenfreundlicher, zuverlässiger und umweltbewusst arbeitender Abfallwirtschaftsbetrieb entstanden. 1.600 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben hier einen sicheren Arbeitsplatz und "aha" ist ein wichtiger Ausbildungsbetrieb für die Region Hannover.

Die regionalen Verkehrsunternehmen üstra und RegioBus erbringen mit 2.600 Beschäftigten gemeinsam mit den weiteren Partnerunternehmen einen öffentlichen Nahverkehr, der im bundesweiten Vergleich vorbildlich ist. Wir setzen 55 Millionen Euro eigene Haushaltsmittel für den laufenden ÖPNV-Betrieb ein, weil dies eine wesentliche Dienstleistung für die Bürgerinnen und Bürger der Region ist.

Wir werden sorgfältig prüfen, ob eine Fusion der beiden Verkehrsunternehmen sinnvoll ist oder ob die Kooperation gestärkt werden kann. An dieser Diskussion werden wir die Beschäftigten und Gewerkschaften beteiligen. Sicherheit im Fahrbetrieb gibt es nicht mit Dumpinglöhnen, die tarifliche Bezahlung der Fahrerinnen und Fahrer ist für uns nicht verhandelbar.

Wir haben mit HanIT einen wettbewerbsfähigen IT-Dienstleister aufgebaut, auch hier gilt es qualifizierte Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze zu erhalten.

Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen Beschäftigten der Region Hannover bedanken, die in den vergangenen 10 Jahren mit uns diesen Weg der permanenten Verwaltungsreform gegangen sind. Rot-grün steht für den Aufbau nachhaltiger, moderner Verwaltungsstrukturen. Wir wollen attraktive kommunale Arbeitsplätze erhalten, ganz bewusst geht rot-grün nicht den Weg der Privatisierung, der meist verbunden ist mit Leiharbeit und Lohndumping.

Mit der Bildung der Region Hannover ist es gelungen, in erheblichem Umfang Synergien nutzbar zu machen. Wichtig regionale Aufgaben sind in einer Fachverwaltung gebündelt, es konnte ein fairer Vorteils- und Lastenausgleich innerhalb der 21 Städte und Gemeinden geschaffen werden. Die Region Hannover finanziert alleine 800 Millionen Euro Aufwendungen im Sozialhaushalt und erhebt dafür eine Regionsumlage von 580 Millionen Euro, die von allen Kommunen gemeinsam geschultert wird - auch wenn es manchmal schmerzt, wie bei der Umlageerhöhung 2009.

Die Region Hannover kann sich sehen lassen und sie sollte dies auch zeigen. Die Mäkelei der CDU an der Präsentation der Region Hannover auf einem parlamentarischen Abend in Berlin verstehe ich überhaupt nicht. Ich wünsche mir mehr Selbstbewusstsein in der Außendarstellung. Gerade für die mittelständische Wirtschaft ist es wichtig, dass sich die Region Hannover national und international präsentiert.

Meine Damen und Herren,

trotz permanent angespannter Finanzen ist es rot-grün in den vergangenen Jahren gelungen, zwei haushaltspolitische Ziele miteinander zu verbinden: wir stehen für eine nachhaltige Finanzpolitik und wir investieren in soziale Gerechtigkeit, in Bildung und in ökologische Erneuerung.

Für das Sozialticket im öffentlichen Nahverkehr stellen wir für das Haushaltsjahr 2011 1,7 Millionen Euro zur Verfügung. Wir gleichen hier eine soziale Lücke des Bundesgesetzgebers aus und an die Adresse der Linken sage ich hier: Ja, wir halten es auch für richtig, dass Hartz IV Empfängerinnen und Empfänger eine Monatsfahrkarte erwerben können. Aber diese Grundversorgung in der Mobilität können die Kommunen nicht alleine finanzieren, hier ist der Bundesgesetzgeber gefragt und ich hoffe, dass es an diesem Punkt bei den derzeit laufenden Hartz IV Verhandlungen im Vermittlungsausschuss einen Durchbruch gibt.

Mit der Übernahme der Trägerschaft haben wir die Berufsschulen zu Kompetenzzentren für die berufliche Bildung weiterentwickelt. Wir werden diesen Weg konsequent weitergehen und die Autonomie der Berufsschulen weiter stärken. Unser Ziel ist es, dass wir gemeinsam mit Handwerk und Wirtschaft den Schülerinnen und Schülern der Region Hannover einen attraktiven Ausbildungs- und Arbeitsplatz bieten und mit einem guten Bildungsangebot dafür sorgen, dass der Fachkräftebedarf überwiegend durch regionale Ausbildung gedeckt werden kann.

Eine große Aufgabe der Zukunft wird es sein, die Förderschulen behutsam in ein Konzept der Inklusion zu überführen. Wir haben 250.000 Euro in die Hand genommen, um die lückenhafte Sprachförderung durch das Land Niedersachsen aufzustocken. Wir wollen alle Kinder mitnehmen, ein wesentlicher Schlüssel zum Schulerfolg liegt in der Beherrschung der Sprache. Dies gilt für alle Kinder mit Sprachdefiziten - ganz gleich, ob mit Migrationshintergrund oder ohne.

Die durch die Kürzung bei der Bundesagentur für Arbeit entstandene Finanzierungslücke bei den Pro-Aktiv-Centern zur Integration benachteiligter Jugendlicher in den Arbeitsmarkt haben wir mit 600.000 Euro aus regionalen Mitteln geschlossen.

Wir haben erhebliche Mittel in die Hand genommen, um die Chancen für Benachteiligte zu verbessern und mehr soziale Teilhabegerechtigkeit zu schaffen. Unser Maßstab ist es nicht die wirtschaftsfreundlichste Region zu schaffen, der Wirtschaftsaufschwung ist in den Kommunen nicht angekommen.

Wir orientieren uns an der Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger. Die Region Hannover soll die bürgerfreundlichste Region werden. Wir wollen eine Zuwanderungsregion werden. Junge Familien sollen sich für ein Leben in der Region Hannover entscheiden, weil sie hier Lebensqualität finden und weil sie hier für sich und ihre Kinder gesicherte Zukunftschancen sehen.

Zum Erhalt kommunaler Werte gehört für uns Grüne ganz selbstverständlich der Erhalt der biologischen Vielfalt. 600.000 Euro haben wir für den Erhalt der Moore und eine ökologisch ausgerichtete Landschaftsrahmenplanung bereitgestellt. Die vielen Projekte der Gartenregion sind eine Grundlage für die hohe Lebensqualität, für eine naturnahe Naherholung und den Ausbau eines sanften Tourismus.

Wir Grünen wollen das ehrgeizige Ziel einer klimaneutralen Region Schritt für Schritt erreichen. Wer hat in den vergangenen Tagen nicht intensiv die Demokratiebewegung in Ägypten, Tunesien aber auch im Jemen oder in Algerien mitverfolgt. Wir alle haben uns gefreut, dass es in Ägypten und Tunesien zu einem Machtwechsel kommt. Gleichzeitig wissen wir natürlich, wie abhängig wir vom arabischen Öl sind. Stabile Preise und der ungehinderte Schiffstransport des Öls bestimmen nach wie vorüber unseren Wohlstand.

Ich bin der festen Überzeugung, dass die Regionen, die sich aus dieser existenziellen Abhängigkeit vom Öl befreien, die besten Potentiale für eine gesicherte Zukunft haben. Ja, wir haben hier grüne Visionen, wir wollen uns aus der Ölabhängigkeit befreien, wir wollen eine dezentrale eigenständige Energieversorgung in der Region Hannover aufbauen, die ausschließlich auf regenerative Energien setzt. Unser Ziel ist eine Mobilität ohne Benzin, weil nur dies die Zukunft sein kann. Wir wissen, dass wir diese Ziele nicht in wenigen Jahren erreichen können, aber wir haben sie bei allem was wir machen im Blick.

Für den Klimaschutz haben wir eine Million Euro jährlich aufgewendet. Das erarbeitete Klimaschutzrahmenprogramm wird mit jedem Haushalt Projekt für Projekt konkret umgesetzt. Wir Grüne halten es für sinnvoll, ein Prozent des Haushaltes für die energetische Sanierung von Gebäuden einzusetzen. Wir lassen jetzt eine Bestands- und Prioritätenliste erstellen und dann geht es an die Umsetzung.

Das Geld, das wir heute in die energetische Sanierung stecken, fließt in den nächsten Jahren und Jahrzehnten als Haushaltsentlastung zurück.

Die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude ist wie der Schuldenabbau ein Beitrag zur Generationengerechtigkeit.

Die Haushaltsmittel für Projekte, Vereine und Verbände haben wir erneut nicht gekürzt. Mit wenig öffentlichen Mitteln und viel ehrenamtlichen Engagement hat sich in der Region Hannover ein zivilgesellschaftliches Engagement entwickelt, das für den sozialen Zusammenhalt unverzichtbar ist. Wir haben darauf geachtet, dass es in allen Kommunen Angebote gibt. So ist es uns gelungen, Beratungsstellen für Frauen, die von häuslicher Gewalt bedroht sind, flächendeckend aufzubauen.

Meine Damen und Herren,

die Finanzsituation der Region Hannover ist in hohem Maße von Dritten bestimmt.

Den Haushalt 2009 konnten wir nach einer moderaten Erhöhung der kommunalen Umlage nicht nur strukturell ausgleichen, das Haushaltsjahr 2009 konnte mit einem kleinen Überschuss abgeschlossen werden. Steigende Sozialausgaben, Steuerrechtsänderungen auf Bundesebene, Kürzungen bei den Landeszuschüssen und die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise führten bereits 2010 wieder zu einer negativen Haushaltsentwicklung. Für 2011 planen wir mit einem Defizit von 95 Millionen Euro, die im Vollzug auf 70 Millionen Euro gesenkt werden sollen. Wir sind nicht glücklich und zufrieden mit dieser Entwicklung, unser Ziel bleibt es den aufgelaufenen Altschuldenstand abzusenken und ausgeglichene Haushalte ohne Neuverschuldung vorzulegen.

Dieses Ziel ist aber nur zu erreichen, wenn sich die finanzpolitischen Rahmenbedingungen auf Bundesebene und im Verhältnis zum Land Niedersachsen ändern. Mit 30 Millionen Euro werden wir im Jahr 2011 durch die Auswirkungen des "Quotalen Systems" belastet. Das Land Niedersachsen überträgt hier Soziallasten auf die Kommunen ohne dass Kostensteigerungen berücksichtigt werden. Der Bund hat seine Beteiligung an den Kosten der Unterkunft kontinuierlich abgesenkt, der kommunale Regionshaushalt muss hier 20 Millionen Euro zusätzlich tragen.

Wir alle verfolgen die Hartz IV Verhandlungen im Vermittlungsausschuss des Bundesrates.

Drei Punkte sind für uns Grüne von ganz wesentlicher Bedeutung:

Wir erwarten, dass der Bund die Kosten für die Grundsicherung im Alter und für dauerhaft Erwerbsgeminderte übernimmt, dies wurde bereits mehrfach im Rahmen der Gemeindefinanzreform zugesagt. Für die Region Hannover geht es hier um einen Zuschuss, von 86 Millionen Euro im Haushaltsjahr 2011.

Wir wollen die Übernahme der Kosten der Grundsicherung im Alter nicht durch eine Abschaffung bzw. Schwächung der Gewerbesteuer - wie die FDP dies will -bezahlen und sehen hier auch keine Kompensation für das Bildungspaket für Kinder aus armen Familien.

Wir begrüßen die Einführung des Bildungs- und Teilhabepaktes, dies muss allerdings auch alle von Armut betroffenen Kinder- und Jugendlichen erreichen, es muss kommunal gestaltet und organisiert werden und es muss sichergestellt sein, dass die kommunale Seite nicht draufzahlt.

Wir wollen in der Region Hannover gute Arbeit zu fairen Löhnen. Wir brauchen hier den Mindestlohn und den Grundsatz der gleichen Bezahlung in der Leiharbeit.

Der Arbeitsmarkt in der Region Hannover ist geprägt von einer rasanten Zunahme der Leiharbeit. Jeder achte Leiharbeiter verdient so wenig, dass er kommunale Zuschüsse zu seinen Wohnkosten bekommt. Leiharbeitskräfte verdienen im Mittel gerade die Hälfte der Festangestellten, im verarbeitenden Gewerbe nicht einmal das. Zu Recht stellt der DGB-Fachmann Wilhelm Adamy fest: "Der Staat subventioniert über Hartz IV die Verleihbranche wie keine andere. Die Steuerzahler werden zur Kasse gebeten für das in der Branche praktizierte Lohndumping."

Meine Damen und Herren,

lassen Sie mich zum Schluss noch ein paar Anmerkungen zu unseren Haushaltsänderungs- und Haushaltsbegleitanträgen machen.

Die Schwerpunkte der Haushaltspolitik werden kontinuierlich in der Gruppe mit dem Koalitionspartner und der Verwaltung abgesprochen. Mit der Einführung der Doppik haben wir begonnen für alle Politikbereiche Standards und Ziele zu definieren und diese auch umzusetzen. Wir greifen als Gruppe nur mit wenigen Anträgen in den Haushalt ein. Für uns gilt der Grundsatz rot-grün macht keine zusätzlichen Schulden.

Nicht nur weil wir durch die Umsetzung der EU-Behindertenrechtskonvention dazu verpflichtet sind, sondern weil es uns ein Herzensanliegen ist, werden wir unsere Anstrengungen bei der Barrierefreiheit verstärken. Inklusion ist nicht nur ein Modewort im Schulbereich, meine Damen und Herren von der CDU, sondern erfordert einen ganzheitlichen Ansatz. Wir kümmern uns nicht nur um die Barrierefreiheit in Schulgebäuden, wie Sie in Ihrem nachgeschobenen Antrag. Das ist uns zu wenig.

Schon seit bald zwanzig Jahren investieren wir im Stadtbahnbereich, um ein ursprünglich exklusiv geplantes Verkehrsmittel mit Hochbahnsteigen nachträglich inklusiv zu gestalten. Wir finden, dass es nun Zeit ist, auch beim Busverkehr den Takt ein wenig zu beschleunigen und werden daher in diesem Jahr auch hier verstärkt investieren, damit Menschen mit Behinderungen die neu beschafften Niederflurbusse voll nutzen können.

In einem weiteren Antrag fordern wir die Einrichtung einer Beschäftigten-Kita für die Kinder der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Regionsverwaltung und bei den Beteiligungsunternehmen. Alle reden derzeit über den Krankenstand in der Regionsverwaltung, wir wollen die Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst Schritt für Schritt attraktiver gestalten. Wir wollen familienfreundliche Arbeitszeiten mit flexibler Teilzeit und der Möglichkeit einer Auszeit, wenn kranke Kinder oder pflegebedürftige Eltern versorgt werden müssen und eine gesicherte Betreuung der Kinder während der Arbeitszeit. Im Rahmen des Personalmanagement arbeiten wir an der Gestaltung altersgerechter Arbeitsplätze und an einem ganzheitlichen Gesundheitsmanagement.

Mein Fazit zu diesem letzten Haushalt vor der Kommunalwahl: rot-grün ist solide aufgestellt, wir investieren in die Zukunft der Region Hannover, es gibt keinen Grund, diese erfolgreiche Politik nicht fortzusetzen.

Die Opposition hat wenig zu bieten. Die CDU mäkelt herum ohne eigene politische Ideen zu präsentieren, die FDP weiß nicht wie sie aus ihrem Westerwelle-Tief herauskommen soll und die Linke sucht offensichtlich auch hier ihren eigenen Weg zum Kommunismus und verliert dabei zunehmend die eigenen Leute.

Vor dem nächsten Haushalt haben die Wählerinnen und Wähler das Wort. Wir werden mit unseren grünen Inhalten für noch mehr Grün in der nächsten Regionsversammlung kämpfen.

Ich danke Ihnen

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